Theres Roth-Hunkeler
Schmuck und Bild -
Ausstellung Hélène Kaufmann Wiss in der Schmuck Galerie Brigitte Moser
Wer mit Hélène Kaufmann Wiss (HKW) wandert, wundert sich ab und zu: Was nur hat die Schmuckkünstlerin und Malerin mit Badewannen am Hut, die sie immer und wieder fotografiert? Badewannen, die als Viehtränken auf Alpweiden stehen, mit Blumen bepflanzt vor Alphütten stehen oder als Behälter für alles Mögliche dienen? Badewannen, die an unterschiedlichen Orten eine andere Funktion bekommen haben im Laufe der Zeit. Über 1000 Schwarz/Weiss-Bilder von solch umgewandelten Badewannen, analog fotografiert, seien wohl über die 25 Jahre zusammen gekommen, in denen sie dieses Projekt verfolge, erzählt mir die Künstlerin in ihrem Atelier in St. Gallen, jener Stadt, wo sie lebt, arbeitet und unterrichtet. Nachdem sie Ausschnitte dieser Bilder auf Aluminium- und später Eisenblech projizierte und sie draussen verwittern liess, dominiert jetzt die Farbe in ihrem Wannenprojekt: HKW arbeitet nun damit auf kleinstem Raum, sie bemalt nämlich die Negative und lässt sie dann farbig entwickeln, grossformatig und noch in alter Entwicklungstechnik. Aus dieser Serie zeigt sie uns hier drei Beispiele, zu sehen sind sie im Schaufenster.
Ich empfinde dieses Badewannenprojekt in mancher Hinsicht als typisch für die Künstlerin: Die lange Dauer, die Geduld, die Passion, mit der sie eine Idee verfolgt und sie immer wieder weiter entwickelt, ist hier augenfällig, aber auch das erzählerische Potential, das in ihren Werken liegt – und das längst nicht nur in den Badewannen-Bildern! Zieht HKW in ihrem Atelier, das sie mit zwei andern Künstlerinnen bespielt, die Schubladen mit Schmuckunikaten heraus, so liegen vor den Augen der Betrachter nicht nur oft verspielte und phantasievolle Stücke, sondern auch Geschichten. Denn selbstverständlich verwendet die Goldschmiedin für ihre Ringe, Broschen, Colliers und Ohrschmuck edle Metalle, wertvolle Steine, Kristalle und Diamanten, kombiniert sie aber oft überraschend mit Materialien wie Stecknadeln und Federn, Horn, Knochen, Geweihe, Fischhäuten und vielen anderen Fundstücken, oft aus der Natur. Und nicht nur die Materialien, auch die Dimensionen ihrer Schmuckstücke fallen auf, und nicht selten kommen später ihre
Trägerinnen und Träger ins Gespräch mit Menschen, die mehr über diesen
Schmuck wissen möchten.
In der Schmuck Galerie Brigitte Moser zeigt HKW in ihrer Ausstellung neben Colliers in Silber vor allem Ringe, und zwar lauter freie, also keine Auftragsarbeiten. Es spiele eine grosse Rolle in ihrer Schmuckkunst, ob sie mit oder ohne Steine arbeite. Üblicherweise gehe sie vom Stein aus und versuche, mit ihren Schmuckobjekten den Steinen ein passendes Umfeld zu geben. Kann man bescheidener und zugleich treffender diese Arbeit beschreiben, die unglaublich viel handwerklich-technisches Können, den Blick für das Material und seine Möglichkeiten, die künstlerische Idee und das Potential für ihre Umsetzung braucht: den Steinen ein passendes Umfeld geben? Steine sprechen ja nicht – und doch hat man als Betrachterin den Eindruck, sie würden es bisweilen tun. Oder verhält es sich anders: Spricht die Künstlerin vielleicht mit ihnen?
Freude am Spiel, an der Verspieltheit, Mut auch zur Originalität, solche Bezeichnungen fallen mir ein, wenn ich an HKW Schmuckkunst denke, die sie seit Anfang der 80er Jahre kontinuierlich weiter treibt. Sie hat sich damit in der schweizerischen und europäischen, zeitgenössischen Schmuck-Kunst-Szene profiliert und ist für ihr Schaffen auch mehrfach ausgezeichnet worden. In dieser Schmuck-Szene haben sich auch Brigitte Moser und HKW kennen gelernt. Seit langer Zeit nehmen sie gegenseitig ihr Schaffen wahr; übrigens hat HKW bereits im Jahre 1997 in Baar und 1999 in Zug Arbeiten ausgestellt.
Ein Wort noch zu den Bildern, die Sie hier sehen, lauter neue Arbeiten, Malerei, vorwiegend auf Karton. Leinwand sei nicht ihr Material, sagt die Malerin, sie brauche den Widerstand des Materials, sie liebe es, Schicht um Schicht aufzutragen und manchmal hinein zu kratzen in die Schichten. Oft spüre sie eine Unruhe beim Malen, etwas Drängendes, das sie ansporne, beim Werk zu bleiben, weiter zu machen, und sie habe dabei kein Thema, kein Motiv, das umzusetzen sie sich malend vornehme. Im Unterschied zum Schmuck, wo auch technische
Überlegungen den Entstehungsprozess prägten, sei ihr Malen intuitiver. Und dennoch entstünden immer wieder Formen, die sich auch im Schmuck zeigten. Sie male stets weiter an ihren geschichteten Geschichten, bis sich die eigene Unruhe allmählich lege und das Bild fertig sei. HKW's Bilder tragen keine Titel. Ohne Titel, ohne Namen, ohne Zeit hängen sie hier, in ihrer Farbigkeit, in ihrer Eigenwilligkeit, und erzählen und erzählen - Sie brauchen nur hinzuschauen und hinzuhören.
26. Januar 2014
Theres Roth-Hunkeler, Autorin, Baar
www.roth-hunkeler.ch
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